Einsames Sterben und unentdeckte Tode in der Stadt ist ein bewegendes und zunehmend besorgniserregendes Thema in unserer modernen Gesellschaft. Die Anonymität und Hektik des urbanen Lebens tragen dazu bei, dass immer mehr Menschen isoliert und allein sterben, ohne dass es von der Umgebung bemerkt wird. Die Stadt, oft als Ort der unbegrenzten Möglichkeiten und sozialen Interaktionen gefeiert, kann paradoxerweise auch ein Ort der Isolation und Anonymität sein. Viele Menschen ziehen in die Stadt, um Arbeit zu finden oder ein neues Leben zu beginnen, doch nicht alle schaffen es, ein stabiles soziales Netzwerk aufzubauen. Alte Freundschaften verblassen, Familienmitglieder leben oft weit entfernt, und neue Beziehungen sind nicht immer leicht zu knüpfen. Einsames Sterben und unentdeckte Tode sind nicht nur ein Phänomen der Städte. Überall, wo soziale und räumlich-materielle einsamkeits-, isolations- und exklusionsbegünstigende Bedingungen des Wohnumfelds, wie z. B. schlechter baulicher Zustand, fehlende Aufenthalts- und Begegnungsmöglichkeiten, mangelnde soziale Infrastruktur, keine nahen Versorgungsmöglichkeiten, problematische Sozialstruktur und konfliktbehaftetes Zusammenleben sowie negatives Innen- und Außenimage herrschen, steigt die Zahl der unentdeckten Tode.
Der demografische Wandel spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Die alternde Bevölkerung in vielen Städten führt dazu, dass immer mehr ältere Menschen allein leben. Viele von ihnen haben keine nahen Verwandten mehr oder diese leben weit entfernt. Wenn diese Menschen sterben, kann es Tage, Wochen oder sogar Monate dauern, bis ihr Tod entdeckt wird. Die Zahl der Tode mit einer Liegezeit (Zeit zwischen versterben und auffinden) von mehr als 8 Tagen ist steigend.
Das Problem des einsamen Sterbens und der unentdeckten Tode in der Stadt ist nicht nur ein individuelles, sondern auch ein gesellschaftliches. Es erfordert ein kollektives Bewusstsein und Maßnahmen, um sicherzustellen, dass niemand in der Anonymität verschwindet. Nachbarschaftsinitiativen, regelmäßige Besuche von Sozialarbeitern und mehr Aufmerksamkeit auf gemeinschaftliche Bindungen könnten dazu beitragen, dieses Problem zu mildern. Einsames Sterben und unentdeckte Tode sind als Endpunkte der abwärts gerichteten Spirale der Einsamkeit, der sozialen Isolation und der sozialen Exklusion zu bewerten.
Susanne Loke leitet ein Präventionsprojekt in Pflegeeinrichtungen und ist Lehrbeauftragte an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum. Sie promovierte an der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum zum Thema einsames Sterben und unentdeckte Tode in der Stadt. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Einsamkeit, Thanatologie, soziale Gerontologie, Gesundheitsförderung, Pflegekinderhilfe und Sozialraumforschung. Im Rahmen des Saarbrücker Hospizgespräches stellte Sie ihre Forschungsergebnisse vor und lud neben der Diskussion dazu ein, sich über bereits bestehende Angebote zum Schutz dieser Einsamkeit zu informieren und Sie wahrzunehmen.
Im Juli macht die Gesprächsreihe des Saarbrücker Hospizgespräches eine kleine Sommerpause, bevor es Ende August mit der Vorstellung des Vereins SternenEltern Saarland e.V. weitergeht. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung folgen demnächst auf der Webseite der Hospizakademie Saar.